Genauso wie beim Autofahren ist das Thema Verkehrssicherheit auch beim Radfahren von wesentlicher Relevanz. Wir haben Rechtsanwalt Dr. Alexander Kompein getroffen und ihm die wichtigsten Fragen rund ums Thema Verkehrssicherheit, Fahrradausstattung laut StVO gestellt.
Was gibt es aus deiner Sicht beim Thema Fahrrad für wesentliche rechtliche Aspekte, die man als Radfahrer*in beachten sollte?
Genau wie beim Auto gibt es detaillierte und umfangreiche Bestimmungen über die Rechtsnatur des Fahrrades im österreichischen Straßenverkehr. Allgemein gilt zu beachten, dass ein Fahrrad nach dem Recht als Fahrzeug im Sinne der Straßenverkehrsordnung (StVO) gilt.
Es gibt 2 wesentliche Rechtsgrundlagen:
1. die Straßenverkehrsordnung (kurz StVO) und
2. die Fahrradverordnung (gilt als eine Art „Untergruppe“ der StVO)
Gerade im Bereich der StVO gab es kürzlich eine Gesetzesnovelle, die die Rolle der Radfahrer als Verkehrsteilnehmer stärkt. Die Gesetzesänderung ist bereits in Kraft, was bedeutet, dass man von jetzt an nach dieser neuen Rechtslage Fahrrad fahren kann.
Konkrete Änderungen betreffen unter anderem das Fahrverhalten der Radfahrer. Wie z.B.
1. wann man nebeneinander fahren darf
2. Bestimmungen zum Abstand von Fahrrad und parkenden Autos (aber auch anderen Verkehrsteilnehmer*innen)
3. neue gesonderte Verkehrsschilder : darunter der Grünpfeil für Radfahrer*innen, der das rechts abbiegen trotz roter Ampel ermöglicht sowie ein Schild für Sackgassen.
Dr. Alexander Kompein
Die Regel „rechts abbiegen für Radfahrer*innen trotz roter Ampel“ gilt dann nicht überall?
Nein, es gilt nur dort wo es eine gesonderte Tafel steht, die ein solches abbiegen gestattet. Hier müssen Radfahrer*innen im Verkehr gut aufpassen und auch bei gewohnten Kreuzungen nochmal schauen, ob besagte Tafel dort steht. Generell gibt es neue Verkehrsschilder, die Fahrradfahrer*innen betreffen, etwa auch Schilder über Sackgassen – mit einem kleinen Fahrradsymbol – das Auskunft darüber gibt, ob diese Sackgasse für Radfahrer*innen gilt oder nicht.
Dr. Alexander Kompein
Es gibt sehr genaue Vorschriften der StVO, die besagen wann ich mit einem Rad am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen darf. Was sind die bedeutendsten Regeln?
Worauf ich als Radfahrer immer achten muss, ist die Ausstattung lt. der Fahrradverordnung. Diese legt detailliert fest, welche Eigenschaften/Merkmale ein Fahrrad aufweisen muss. Und wenn ich als Besitzer eines Fahrrads diese Ausstattung nicht nachweisen kann, dann verstoße ich gegen diese Verordnung und das dahinterliegende Gesetz und kann schlimmstenfalls auch eine Verwaltungsstrafe bekommen.
Ausschlaggebend ist hier die Fahrradbeleuchtung mit Scheinwerfern nach vorne, Leuchten nach hinten aber auch sonstige wichtige Eigenschaften dürfen nicht außer Acht gelassen werden, wie z.B. die Rückstrahler. Man muss dafür sorgen, dass das Fahrrad als Verkehrsfahrzeug für andere Verkehrsteilnehmer erkennbar ist, gerade wenns finster ist. Ähnlich verhält es sich bei der akustischen Erkennbarkeit. Am Rad muss eine Klingel montiert sein, denn man muss sich durch eine akustische Vorrichtung für andere Verkehrsteilnehmer*innen bemerkbar machen können. Zusammengefasst also nochmal die Fahrradausstattung lt. der Fahrradverordnung: Das Rad muss
1. aktive und passive Fahrradbeleuchtung vorweisen
2. über zwei unabhängig voneinander betätigbare Bremsen verfügen
3. eine Klingel haben
Achtung für Rennradfahrer gelten andere Regeln.
– Dr. Alexander Kompein
Also schreien und rufen gilt nicht als Ersatz für die Klingel am Rad?
Das geht nicht, nein. Kann besonders an Tagen an denen man heiser ist, zu einem Problem werden (lacht). Man kann es nicht durch andere Arten substituieren, auch wenn die Glocke nicht jedem am neuen Rad gefällt.
Dr. Alexander Kompein
Was für Verantwortungen habe ich als Besitzer*in für den aktuellen Zustand meines Fahrrads?
Die kurze Antwort: Du bist voll verantwortlich.
Wenn ich derjenige bin, der mit dem Fahrrad im Verkehr unterwegs ist, dann hab ich keine andere Option mehr mich bei einer Kontrolle auf andere Leute zu berufen. Somit hafte ich dafür, dass alles den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Wenn es das nicht tut, dann kann ich Probleme bekommen. Denn es handelt sich um eine Verwaltungsübertretung. Beim Thema Ausstattung z.B. hafte ich besonders dann, wenn es zu einem Unfall kommt.
Nehmen wir zum Beispiel das Thema fehlende Beleuchtung. Hier gibt es sehr viel Rechtssprechung. Im Falle eines Unfalls zwischen Auto und Radfahrer, kann es sein, dass der Autofahrer behauptet, den Radler nicht gesehen zu haben, wegen Dunkelheit, Witterungsverhältnissen etc.. Wenn der Autofahrer auf fehlende Ausstattungsmerkmale hinweist (die lt. Fahrradverordnung vorgeschrieben sind) und man als Radfahrer nicht nachweisen kann, dass man richtig ausgestattet war, kann es passieren, dass man auf großen finanziellen Schäden sitzenbleibt. Oft kommt es im Fall von Verkehrsunfällen zu einer Verschuldensteilung – wer ist zu wieviel Prozent am Unfall Schuld.
Dr. Alexander Kompein
Als Radfahrer muss man also 2 Ebenen unterscheiden?
1- entspricht mein Rad den gesetzlichen Vorschriften der StVO bei einer Polizei Kontrolle (Strafe) und
2 – Verschuldensfrage bei Unfall (Bremsen schlecht gewartet, Klingel defekt)
Grundsätzlich ja. Bei einer normalen, täglichen Polizeikontrolle wird nicht ersichtlich, wie gut/schlecht Bremsen funktionieren. Kommt es aber zu einem Unfall mit Sachschaden oder Körperverletzung wird natürlich genauer geprüft, ob das Rad den Vorschriften entspricht, dh. gut gewartet ist. Sachverständiger (bei gerichtlichen Verfahren) werden das genauer prüfen, um den Unfallhergang nachvollziehen zu können. Er könnte dann zum Fazit kommen, dass ein Bremsweg eigentlich hätte eingehalten werden müssen, was aber de facto nicht passiert ist, weil man eine defekte Bremse hat. Hier gibt es Varianten, wo man in eine Haftung hineinkommen könnte, weil eben die Bremse ihre Bremsfunktion nicht erfüllt bzw. das Fahrrad nicht in einem ordentlichen Zustand ist. Da kann man sich nicht rausreden.
Dr. Alexander Kompein.
Woher kann ich als Laie wissen, wie verkehrssicher mein Fahrrad ist? Dh., dass mein Fahrrad technischen Standards entspricht oder grob gesagt funktionsfähig ist.
Naja, oberflächlich sollte es auch für einen Laien erkennbar sein, ob mein Fahrrad verkehrstüchtig ist oder nicht.
Bei Frage der Verwaltungsstrafbarkeit (wenn man mit dem Vorwurf konfrontiert ist, dass das Fahrrad nicht der Fahrradverordnung entspricht) kann man versuchen, ein mangelndes Verschulden einzuwenden. Mit dem Argument, man sei ein Laie und hätte das nicht erkennen können, kommt man in der Regel nicht sehr weit. Weil man wird einem schon vorwerfen können, dass das Rad sichtlich lang nicht mehr gewartet wurde und in dem Fall nicht mehr verkehrstüchtig ist. Selbst wenn ich beim Service war, aber das Profil meines Reifens mittlerweile komplett abgefahren ist, bin ich als Halter verantwortlich, den Schaden zu beheben (dh. die Mindestprofiltiefe einzuhalten).
Das heißt, egal ob ich am Rad sitze oder im Auto; Ich kann mich bei der Kontrolle im Falle eines (technischen) Defekts nicht mit einem Laienargument rausreden. Ich bin dafür verantwortlich das Fahrzeug in einem verkehrstüchtigen Zustand zu halten/bringen.
Dr. Alexander Kompein
Hast du bestimmte Empfehlungen, was die Verkehrssicherheit am Fahrrad anbelangt?
Wie gesagt das Fahrrad ist ein Fahrzeug nach der StVO, es ist also nicht belanglos in welchem Zustand es ist. Genau wie bei Autos müssen bestimmte Sicherheitsstandards eingehalten werden, um am Verkehr teilnehmen zu dürfen. Das Recht ist sehr streng diesbezüglich. Es gibt eben Regelungen in Kraft, die mich dazu animieren sollen/ bzw. vorgeben, das Rad in einem verkehrstüchtigen, ordentlichen Zustand zu halten. Wenn ich das nicht tue, dann auf eigenes Risiko. Polizeikontrollen werden auch strenger, vor allem in Wien gibt es vermehrt Planquadrate, wo Fahrräder angehalten, rausgezogen werden und anschließend geprüft wird, ob die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen oder nicht.
Aus dem Grund ist meine Empfehlung hier, auf Nummer sicher zu gehen. Das Fahrrad regelmäßig selbst zu überprüfen, aber auch zu einem ausgebildeten Mechaniker zum Service zu bringen, sodass alle StVO Vorgaben geprüft und eingehalten werden.
Dr. Alexander Kompein
Wenn du dir jetzt denkst, ich hab mein Rad schon länger nicht mehr durchchecken lassen, dann ist der baldige Frühlingsbeginn der perfekte Anlass dafür. Bring dein Fahrrad vor allen anderen zum Service und fahre entspannt mit dem Rad weiter.